Kulturbesitz der Hohenzollern

Einigung im Jahrhundert-Streit

Im Vordergrund des Bildes sind Sonnenblumen mit grünen Stengeln und hellgeben Blüten. Im Hintergrund ist das Schloss Cecilienhof zu sehen. Die Anlage ist aus Ziegeln gebaut und erinnert mit den sichtbaren Holzbalken im Gemäuer an Fachwerkhäuser.
Gehörte einst den Hohenzollern: Schloss Cecilienhof in Potsdam © IMAGO / Jürgen Ritter
Es ging um Schlösser, Gemälde und vieles mehr - nach Jahrzehnten des Streits um enteignete Besitztümer hat sich das Haus Hohenzollern mit dem Bund sowie den Ländern Berlin und Brandenburg geeinigt: Die Güter gehen in eine Stiftung.
Die Hohenzollern, die Familie des letzten deutschen Kaisers Wilhelm II., wollte die Rückgabe oder Entschädigung ihres nach dem Ersten und Zweiten Weltkrieg enteigneten Besitzes erreichen. Der Bund und die Länder Berlin und Brandenburg, die im Mittelpunkt des Tauziehens standen, lehnten das ab. Nun gibt es eine Lösung: der überwiegende Teil der Kulturgüter geht in eine gemeinsame gemeinnützige Stiftung über.
Von einem „gewaltigen Erfolg für den Kulturstandort Deutschland und die kunstinteressierte Öffentlichkeit“ spricht der gerade ins Amt gekommene Kulturstaatsminister Wolfram Weimer (parteilos). Die Einigung mit den Hohenzollern wurde noch unter seiner Vorgängerin Claudia Roth (Grüne) verhandelt.

Wie lange dauerte dieser Streit?

Ein knappes Jahrhundert lang stritten die Hohenzollern um ihren ehemaligen Besitz, den sie in einem ersten Schritt 1918 mit der Ausrufung der Weimarer Republik und der Abdankung von Kaiser Wilhelm II. verloren hatten. Die Monarchie in Deutschland war beendet, das Vermögen der Hohenzollern wurde beschlagnahmt.
1926 wurde per Vertrag eine Vermögensregelung zwischen dem damaligen Staat Preußen und den Hohenzollern getroffen. Dennoch blieb Rechtsunsicherheit und immer wieder folgten juristische Auseinandersetzungen und Rückgabeforderungen.
Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges verloren die Hohenzollern weitere Kulturgüter. Diese wurden in der sowjetischen Besatzungszone beschlagnahmt und enteignet. Für diese Besitztümer forderten die Hohenzollern seit 2014 in gleich mehreren Prozessen juristisch Wiedergutmachung.
Georg Friedrich Prinz von Preußen als Ururenkel des letzten deutschen Kaisers Wilhelm II. erhob Ansprüche auf tausende Kunstwerke, die sich heute in Museen befinden. Es ergab sich ein vielschichtiger, von Außenstehenden kaum mehr nachzuvollziehender Streit.
Zentral für die Ansprüche der Hohenzollern, die durch Enteignung auf dem ehemaligen Gebiet der DDR erfolgt waren, war das Gesetz zur deutschen Einheit. Demnach bekommt keinen Ausgleich, wer dem NS-System "erheblichen Vorschub geleistet hat". Über diese Frage wurde auch in der Öffentlichkeit und im Kulturbetrieb debattiert.
2023 schließlich zog Georg Friedrich Prinz von Preußen alle Klagen zurück. Der Rückzug der Forderungen sei seine persönliche Entscheidung, die er "unabhängig von möglichen Erfolgschancen" getroffen habe, sagte er. Mit dem Ende des Verfahrens wolle er den Weg freimachen für eine "unbelastete Debatte". Im Herbst 2024 begannen wieder Gespräche. Diese führten nun zu einer außergerichtlichen Einigung.

Um welche Besitztümer und Kunstwerke wurde gestritten?

Die einzelnen Objekte und Forderungen, um die gerungen wurde, sind kaum zu überblicken. Es ging um enteignete Schlösser wie Cecilienhof in Potsdam oder das Schloss Rheinsberg nördlich von Berlin und das jeweilige Inventar, aber auch kleinteilige Forderungen wie Wertpapiere der Ruppiner Eisenbahn AG, die sich einst in ihrem Besitz befanden. Das einstige Bankguthaben des Ex-Kronprinzen Wilhelm tauchte in der Forderungsliste ebenso auf, wie rund zehntausend Kunstgegenstände, die in Museen der öffentlichen Hand ausgestellt werden.
Darunter sind auch wichtige Kunstschätze wie das Bildnis Kurfürst Joachim I. von Brandenburg von Lukas Cranach dem Älteren oder die barocken Elfenbeinmöbel des Großen Kurfürsten aus dem Besitz von Johann Moritz von Nassau-Siegen.

Was bedeutet diese Einigung?

Das Ende der Streitigkeiten ist ein Gewinn für die Allgemeinheit, die Zugang zum größten Teil der Kulturschätze behält. Nur ein kleiner Teil der Kunstgegenstände bleibt im Besitz der Familie Hohenzollern, darunter sieben sogenannte Tabatieren - das sind prächtig verzierte Tabakdosen - und Objekte, die auf einer 2018 für die Verhandlungen zusammengestellten Liste stehen, der sogenannten C-Liste. Andere Objekte bleiben bei öffentlichen Einrichtungen.
Der überwiegende Teil der kleinen und großen Kunstwerke wird in eine gemeinsame gemeinnützige „Stiftung Hohenzollernscher Kunstbesitz“ übergehen. Zentrales Element ist der Übergang aller Objekte vor allem des ehemaligen Hohenzollernmuseums, das 1877 im Schloss Monbijou im heutigen Berlin-Mitte eröffnet wurde und aufgrund von Kriegsschäden 1959 auf Beschluss des Ostberliner Magistrats abgerissen wurde.
Im Stiftungsrat der neuen Stiftung soll die öffentliche Hand mit Zwei-Drittel-Mehrheit vertreten sein. Der Vereinbarung müssen nun noch die Stiftung Preußischer Kulturbesitz und das Deutsche Historische Museum zustimmen, hieß es. Die Zustimmung gilt als sicher. Die Länder Brandenburg und Berlin sowie die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten haben bereits zugestimmt. Kulturstaatsminister Weimer sprach von einem „großen Gewinn für die Öffentlichkeit“.
Prinz Georg Friedrich sagte, er sei sehr froh über die Einigung, die zugleich ein Schlussstrich und ein Neuanfang sei. Damit sei es gelungen, die Kulturschätze für die Öffentlichkeit zu sichern. Einzelheiten etwa zur Zahl der Kunstwerke, Möbel und weiteren Objekte sollen erst zu einem späteren Zeitpunkt veröffentlicht werden.